Sonntag, 18. Dezember 2016

Ein Leben im Konjunktiv



Ein Leben im Konjunktiv


Wer kennt diese folgenden Sätze nicht selbst zu gut:- „Man, wenn ich mehr gelernt hätte, dann wäre die Klausur richtig gut geworden!“ – „Hätte ich sie damals angesprochen, wäre das vielleicht was geworden mit uns.“ – „Hätte ich ihm das damals nicht an den Kopf geworfen, würden wir uns heute noch verstehen.
 
Wir leben häufig in einer Welt, in der es darum geht, was jetzt anders wäre, wenn wir dieses oder jenes damals anders gemacht hätten. Vielleicht wäre jeder von uns schon längst Millionär, hätte im Lotto gewonnen. Wir bereuen zu viel, denken über verstrichene Möglichkeiten und verpasste Chancen nach.
Letztendlich haben wir doch immer die Angst davor, dass wir am Ende unserer Tage da stehen, und nicht abgeliefert haben.




 Keine bleibenden Spuren hinterlassen haben. Dass unser Leben schlicht und einfach unbedeutend war. Und es lag an uns, es wäre so einfach gewesen, alles zu verändern, hätten wir doch einfach nur damals anders gehandelt.




Und dann dieser kleine Satz: „Ich überleg’s mir 
noch.“ Achso, ok… ja es könnte sein, dass sich noch eine andere, attraktivere Möglichkeit bietet, um den Abend zu verbringen.
Aber auf was genau warten wir denn eigentlich? Auf dass uns irgendein unsichtbares Zeichen vom Himmel signalisiert: „Du musst dich jetzt genau dafür entscheiden, etwas Besseres wird sich dir in nächster Zeit nicht bieten.“ 

Ja, das wäre doch schön, wenn einem dadurch alle kleinen möglichen Fehltritte erspart geblieben wären. Wenn man jetzt nur einmal die ganzen Konjunktive in diesem Teil zusammenzählt, ist man mit bloßem Fingerzählen schon verloren.
Und was wäre, wenn man sagen würde „Ich wollte damals genau das machen. War zwar nicht schlau, aber ich würd’s immer wieder so machen.“ Denn genau das ist es doch eigentlich. Zu sich selbst stehen. Zu seiner Entscheidung stehen. Hört sich zwar sehr banal und platt an, aber ist ziemlich komplex. 

„Ich find’s auch schade, wie das alles so gelaufen ist.“ – Woaat? Ich meine, du warst doch aktiv daran beteiligt, wie alles gelaufen ist. Entweder, man ändert etwas daran oder aber, und darum bitte ich inständig, man hört auf, so zu tun, als ob man nur ein passiver Mitspieler in zwischenmenschlichen Beziehungen wäre. Dann ist man schließlich auch für nichts verantwortlich.

Eines meiner Lieblingszitate, was, wie ich finde, dieses ganze Thema sehr gut zusammenfasst und auch die Absurdität sehr deutlich macht, kommt von Dichter Kurt Marti:
„Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin, und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen.“


Einen schönen Sonntag wünsche ich euch noch,
Eure Katja
:)